Baden, Kolbenpistole M 1853/58 mit Ansteckkolben, Georg Hänel in Suhl
Der Ansteckkolben macht diese Waffe zur Rarität
Vorliegendes Perkussionsschloss mit Kettenglied zwischen Schlagfeder und Nuss zur Verringerung der Reibungskräfte; Standkimme auf dem Schwanzschraubenblatt, Korn auf dem Lauf, 29 mm hinter der Mündung. Lauf im Mündungsbereich auf 8,5mm glatt, dann gezogen. Pistonsockel mit Reinigungsschraube in den Lauf integriert. Kolbenkappe von Pistole und Anschlagschaft, Abzugsbügel, Laufring und Unterlegscheiben der Schlosshalteschrauben aus Messing; Unterbügel sowie Oberbügel der Pistole mit Aufnahmevorrichtung für einen Anschlagschaft aus Eisen. Lauf/Schaftverbindung durch Kreuzschraube und Laufring; dieser in einem in den Schaft eingelassenen Widerlager von unten verschraubt. Herstellersignatur „G.H.“ (Georg Hänel/Suhl) am Schlossblech außen. „SUHL“ am Lauf oben, fortlaufende Fertigungsnummer „692“ am Lauf oben links, Truppenstempelung „II.253“ an der Kolbenkappe. Staatliche Abnahmemarke „bad. Landeswappen“ zwischen „ZD“ im Queroval am Lauf oben links.
Gesamtlänge 394mm, Lauflänge 241mm, Kaliber des gezogenen Laufs 13,9mm, Anzahl der Züge 5, Gewicht 1.532g
Zugehöriger Ansteckkolben mit Messing-Kolbenkappe, dort Truppenstempel „I.672“. Sattelstange mit zwei Ringen, Kupplungsstück Schien an der Unterseite aus Eisen. Federmechanik mit Klinke in guter Funktion. Kolben links oben beim Kupplungsstück kleiner, jedoch alter Holzausbruch.
Im Jahr 1851 gab das badische Kriegsministerium bei der Königlich Württembergischen Gewehrfabrik in Oberndorf a./N. 1200 Kolbenpistolen für die drei badischen Dragoner-Regimenter in Auftrag, die ab 1853 den bis dahin geführten glatten Karabiner M 1816/40UM und die glatte Pistole gleichen Musters ersetzten. Lediglich die bei den Dragoner-Regimentern vorhandenen Karabiniers behielten ihre Karabiner. Bei der Einführung dieser Pistole, die mit dem ansteckbaren Anschlagschaft auch einen karabinermäßigen Anschlag und damit zielgenaues Schießen ermöglichte, hat man sich am hannoverschen Vorbild orientiert, dessen Reiterei bereits seit 1819 eine Kolbenpistole führte. Da dies der erste in der badischen Reiterei verwendete Anschlagkolben war, machte man sich Gedanken über die Unterbringung dieses Ausrüstungsstückes, so dass am 6. März 1854 verfügt wurde, „daß die Kolbenhulfter mit dem Tragleder auf der rechten Seite zwischen der Schweißtasche und der Schweifriemenschalle, ähnlich wie die Hufeisentasche angebracht werden soll. Der Kolben soll, die Feder nach unten und die Parierstange nach rückwärts in die Kolbenhulfter gesteckt, das Sicherungsriemchen dahinter gelegt und die Hulfterklappe zugeknöpft werden“.
Nachdem am 28.April 1857 das Muster des neuen gezogenen Infanteriegewehres mit kleinem Kaliber 13,9mm angenommen worden war, erwies es sich im Sinne einheitlicher Munitionsversorgung als zwingend erforderlich, auch die neue Kolbenpistole diesem Kaliber anzupassen. So wurde am 7. April 1857 angeordnet, dass die Pistolen der Reiterei zur Verwendung des neuen Infanteriegeschosses auf 13,75mm ausgekolbt werden sollten. Da die Pistolen im Kaliber 13,0mm gearbeitet waren, war es recht einfach, die Laufdurchmesser auf das neue Kaliber zu bringen. Diese Arbeiten wurden in Suhl ausgeführt, wobei gleichzeitig eine Anzahl dieser Pistolen von der Firma Georg Hänel neu hergestellt wurde. Diese Maßnahme war notwendig geworden, weil die Anzahl der Reiter innerhalb eines Regiments per Erlass vom 26. Oktober 1864 von 300 auf 352 erhöht worden war, so daß die vorrätige Anzahl an Kolbenpistolen aus Oberndorfer Fertigung nicht mehr ausreichend war.
Die beiden unterschiedlichen Truppenstempel belegen, dass beide Teile ursprünglich nicht zusammengehörten.
Vergl. Lander, Die Handfeuerwaffen der badischen Armee von 1738 bis 1873, Zweibrücken 2014, S.21f, S.168f
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