Baden, Artilleriepistole 1813UM
Höchst seltene, glattläufige Perkussionspistole der badischen Artillerie-Brigade
Nussbaumvollschaft ohne Ladestocknut mit Messinggarnitur, diese bestehend aus an der Schaftunterseite in einem eisernen Widerlager verschraubtem doppelbündigem Laufsring, dem der hintere Bund entfernt wurde, Abzugsbügel, Kolbenkappe und L-förmigem, gewölbtem Schlossgegenblech. Perkussionsschloss mit links vom Hahn gewölbtem, an den Kanten abgeschrägtem Schlossblech mit entsprechendem, badischen Perkussionshahn. Unterer Kolbenbügel aus Eisen. Runder, am Pulversack seitlich abgeflachter Lauf mit ins ehemalige Zündloch eingeschraubtem und hart verlötetem Pistonsockel. Staatliche Abnahme „ZD“ mit Landeswappen im Queroval schwach am Pulversack oben links. Dort auch Fertigungsnummer „262“ Standkimme auf dem Lauf an der Trennstelle von Lauf zu Schwanzschraubenblatt, Korn auf dem Lauf hinter dem Bund des Laufrings. Truppenstempel „II.220“ an der Kolbenkappe. Sämtliche Schraubenköpfe flach. Abzug mit neuer Stifteinrichtung ohne Verstärkungsplatte am Schaft links. Das Piston muss ersetzt werden und die Hahnschraube fehlt, ihr Gewinde steckt in der Nuss. Gesamtlänge 396 mm, Lauflänge 227 mm, Kaliber des glatten Laufs 17,4 mm, Gewicht 1.322 g
Am 21. Januar 1850 verfügte der badische Großherzog Leopold die Neuerrichtung einer badischen Artillerie-Brigade (diese Bezeichnung wurde bereits am 11. Juli jenen Jahres in Artillerie-Regiment geändert), deren berittene Mannschaften glatte Pistolen erhalten sollten. Hierzu griff man auf die schon vor der Auflösung der Armee im Jahre 1849 bei der Artillerie vorhandenen aptierten Pistolen M 1816/40 UM zurück, deren Anzahl aber wegen der revolutionären Ereignisse sicher nicht mehr in vollem Umfange zur Verfügung gestanden haben dürften. Da diese Pistolen auch zur Bedarfsdeckung der neu errichteten Reiterregimenter benötigt wurden, einerseits aber die Gewehrfabrik in St. Blasien seit längerem nicht mehr bestand, man andererseits jedoch den teuren Weg der Neubeschaffung bei ausländischen Fabriken nicht gehen wollte, entschied man sich offensichtlich dazu, den Pistolenmangel bei der Artillerie, den Pionieren und der Kavallerie durch die Perkussionierung der im Altbestand des Zeughauses vorhandenen Lütticher Pistolen 1813 zu beheben. Dabei dürfte die Ausgabe der Pistolen 1813UM an die Reiterei nur als vorübergehende Maßnahme gedacht gewesen sein, da zu diesem Zeitpunkt bereits die Einführung der gezogenen Kolbenpistole projektiert war. Beim Umbau der Lütticher Steinschlosspistolen 1813 wurde neben den Änderungen am Schloss auch eine Laufkürzung um 15mm vorgenommen. Da dabei auch der Vorderschaft gekürzt werden musste, war es erforderlich, das eiserne Gewinde-Widerlager, mit dessen Hilfe der Laufring befestigt wurde, ebenfalls nach hinten zu verlegen. Hierbei blieb die ursprüngliche Schaftausfräsung für das Widerlager erhalten und ist noch unter dem Laufring zu erkennen. Wie die vorliegende Pistole zeigt, wurde ein Teil dieser Waffen unter Verwendung der alten Beschlagteile völlig neu geschäftet und erhielten zum Teil auch in der Perkussionsversion gefertigte Schlösser; lediglich diese neu geschäfteten Pistolen erhielten darüber hinaus die Stiftschraube für den Abzug, anfänglich ohne, dann aber mit der zweifach verschraubten Verstärkungsplatte. Da auch diese Waffen eine Visiereinrichtung erhielten, musste der hintere Bund des doppelbündigen Laufrings an der Trennlinie zwischen Lauf und Schaft abgenommen werden, da sonst der Ring nicht mehr hätte entfernt werden können und die Pistole somit nicht mehr zerlegbar gewesen wäre.