Sachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher Ersatzlieferung

Sachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher Ersatzlieferung
Nummer: 0767 VERKAUFT

Sachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher Ersatzlieferung

Sachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher ErsatzlieferungSachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher ErsatzlieferungSachsen, Pistole 1729 für Unteroffiziere der Infanterie, Lütticher Ersatzlieferung
Extrem seltene Ordonnanzpistole aus der Zeit Kurfürst und König Augusts des Starken 
Nussbaum-Vollschaft mit alter Reparatur am Ende des Vorderschafts. Messingbeschläge, diese bestehend aus zwei kantigen, an beiden Enden quer kanellierten Ladestockröhrchen, Abzugsbügel mit dreifach unterteiltem Vorderteil und langem Hinterteil, Kolbenkappe mit langen, seitlichen Sporen, Daumenblech und schlangenförmigem Schlossgegenblech für drei Schrauben. Das Abzugsblech aus Eisen. Runder Lauf mit doppelter Querrille am Pulversack und dreifacher Rille 90 mm vor dem Schwanzschraubenblatt, diese. ist gerade abgeschnitten. Kreisförmige Herstellermarke mit Signatur „PONSIN“ am Pulversack links oben. Entsprechende Signatur schwach lesbar am Schloss unterhalb der Pfanne. Lauf/Schaft-Verbindung durch zwei Stifte/Ösen und eine Kreuzschraube. Flaches, bananenförmig gebogenes Steinschloss mit abgeschrägten Kanten und ebensolchem Schwanenhalshahn. Eiserne Pfanne ohne Verbindungssteg zur Batterie. Batteriefeder von der Schlossinnenseite her verschraubt. Hölzerner Ladestock mit Hornabschluss am Setzkopf (nicht original). Truppenteilsignatur „6/26“ auf dem bekrönten Daumenblech.

Gesamtlänge 554 mm, Lauflänge 367 mm, Kaliber 16,3 mm

 

Dies ist eine ebenfalls im Rahmen der 1729 erfolgten Waffenbestellungen aus Lüttich gelieferte Pistole, die sich aber von der gültigen Ordonnanz, die unter anderem ein Steinschloss mit Hakensicherung und völlig eigenständige Messingbeschläge vorsah, deutlich unterscheidet.

Aufgrund kurfürstlichen Befehls wurde eine große Anzahl neuer Waffen in Suhl und Olbernhau in Auftrag gegeben, wobei genau festgeschrieben war, wie die einzelnen Waffen auszusehen und verarbeitet zu sein hatten. Hauptforderung war zum erstenmal in der sächsischen Militärgeschichte, daß alle Beschlagteile aus Messing gefertigt werden mussten. Hintergrund dafür war wohl das Lustlager zu Zeithayn, welches der Kurfürst für 1730 geplant hatte und bei dem die kurfürstlich sächsische Armee in voller und vor allem glänzender Montur aufzutreten hatte. Dies war sicherlich der entscheidende Grund zur Abkehr von den bisher benutzten Eisenbeschlägen zu den weit einfacher zum Glänzen zu bringenden Messingbeschlägen. Das gegenüber dem Schmieden von Eisenteilen einfachere Gießen der Messingteile, möglicherweise auch das preußische Vorbild hat daneben sicherlich auch eine Rolle gespielt.

Wie sich recht schnell herausstellte, waren die Suhler und Olbernhauer Büchsenmacher mit diesem Großauftrag qualitativ und quantitativ völlig überfordert, so daß ein Regierungsbeauftragter nach Suhl entsandt wurde, der die Angelegenheit beschleunigen sollte - das Lustlager bei Zeithayn rückte immer näher. Eine der ersten Maßnahmen, die nun getroffen wurden, war die Kürzung des Lieferumfangs in Olbernhau um 1000 Karabiner und ebenso viele Pistolen sowie eine entsprechende Ersatzbestellung in Lüttich.

Da die hier vorgestellte Pistole ein von der kurfürstlichen Ordonnanz deutlich abweichendes Steinschloss besitzt, ist davon auszugehen, daß sie aus dieser in Lüttich gekauften Lieferung stammt. Möglicherweise ist dieses Pistolenmuster dort sogar in ausreichender Stückzahl vorrätig gewesen, weil Lüttich als Waffenmarkt Europas aus eigenwirtschaftlichem Interesse für seine vielen Kunden immer die neuesten Entwicklungen auf dem Waffensektor auf Lager halten musste. Gefertigt wurde die Pistole laut Laufmarke und Schlosssignatur von einem in Lüttich arbeitenden Büchsenmacher Ponsin oder Poncin. Laut Stöckel ist die Zuschreibung der Laufmarke zu einem Michel PONSIN nicht sicher, der dort bis 1710 nachweisbar ist. Doch auch ein Büchsenmacher Peter Ponsin kommt als Fertiger der Pistole in Frage, welcher in Lüttich bis 1735 nachgewiesen werden kann. Nach der Signatur auf dem Daumenblech gehörte die Pistole als N°29 zum 6. sächsischen Infanterie-Regiment v. Böhnen, welches 1730 aus zwei Bataillonen zu je vier Kompanien bestand.

  • Thierbach, Handfeuerwaffen der sächsischen Armee, in ZfhW, Berlin 1905, H.5, Bd.III, S.128/129
  • Schuster-Francke, Geschichte der sächsischen Armee, 3. Bde., Leipzig 1885, Bd.1. S.198 f.
  • Lander/Brucksch, Ordonnanzpistolen und Karabiner der sächsischen Kavallerie vom 16. Jahrhundert bis 1888, S.55-64.